Angelika Stepken Make-up Bildern - Porträts berühmter Frauen Milovan Markovic, der 1986 aus Belgrad nach Berlin gezogen ist, überschreibt seine Ausstellung mit elf monochromen Frauen-Porträts in der Berliner Galerie A. von Scholz als "Transfigurative Malerei". Im Informationstext der Galerie über diese Werkgruppe aus den Jahren 1995/96 ist die Rede von Porträts, die das Figurative und Ikonische transzendieren, Identitäten auf den namentlichen Bildtitel lenken und ihre Vorbilder aus der Medienpräsenz beziehen. Markovic porträtierte elf prominente Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen und mit repräsentativen Funktionen: eine Schauspielerin, eine Präsidentgattin, eine Sängerin, eine Banditin, eine Wissenschaftlerin, eine Designerin etc. Ihr Bild ist ein Hochformat von jeweils 122 x 86 cm, das in einen breiten goldenen Rahmen gefasst ist. Die Bildfläche besteht aus feinem chinesischem Samt, das Malmaterial ist Lippenstift pur, eingerieben in die Stofffaser. Die monochrome Farbigkeit variiert von Bild zu Bild. Was in der fotografischen Reproduktion dieser Porträts verloren geht, ist die haptische Qualität der samtigen Oberfläche, die Allianz von Malgrund und Farbauftrag sowie dessen lichtabsorbierende Erscheinung. Gemäß musealer Konvention trägt jeder Rahmen am unteren Rand ein Messingschild mit dem eingravierten Namen der "transfigurativen" Person. Der Begriff der Transfiguration bezeichnet in der (früh-) christlichen Terminologie die Verklärung Christi bzw. Die Figuration des göttlichen Gesichts in Christus. Das "wahre" Gesicht hat mit Christus in der Menschheit Form angenommen so für die orthodoxe Kirche die Grundlage der Ikonenmalerei. Markovic wuchs im serbisch-orthodoxen Belgrad zu Zeiten des kommunistischen Jugoslawien auf. Die realsozialistische Populärkultur belegte die Metaphysik mit einem Bilderverbot. |
Seine Auseinandersetzung mit staatlicher wie religiöser Ikonologie und Repräsentation, die Suche nach Figurationen jenseits des Realistischen begann für Markovic erst Mitte der 80er Jahre in Berlin. Er untersuchte die herrschaftlichen Repräsentationsformen von der Frührenaissance bis zur Moderne und den Umschlag von theologischen in technische Normen. Seit Anfang der 90er Jahre operiert er mit dem Begriff des "Prototypes", der sowohl sakrale Tradition ("der Erste") wie der Original/die Vorlage zur technischen Vervielfältigung bezeichnet. Mit der Serie der Frauen-porträts gelang Markovic die bisher überzeugendste Synthese und Aktualisierung der abendländischen Porträtmalerei. Auf den ersten Blick wirken die rotgoldenen Formate im coolen Galerieambiente eines der ersten luxussanierten Ost-Berliner Hinterhöfe ebenso verführerisch wie kitschig. Die blattvergoldenden, kannelierten Rahmen sind ein Affront gegen die Rahmenlosigkeit der Moderne, die den Kitsch gebar. Sie repräsentieren den Weg des Goldes vom Bildgrund an die Ränder, auf den bewertenden, wertvollen Rahmen. Das Gold wird zur profanen Aureole des Porträtierten. Die Lippenstift-Farbigkeit innerhalb dieser Rahmen suggeriert einen Bezug auf die "Ausstrahlung" der jeweiligen Person bzw. Auf ihren persönlichen und kulturellen Standard: Catherine Deneuve ist bordeuxrot, Hillary Clinton eher pink, Phoolan Devi glühend orange, Vivienne Westwood bläulich rot. Die Bedeutung der monochromen Bildfläche wird der Schrift überantwortet - auch dies eine Anspielung auf das Verhältnis von Text und Bild in den verschiedenen historischen Funktionen. Die Schrift als Signatur und Identitätsstempel, als Kommentar zum Bild, als Auslöser für (mediale) Vor-Bilder. Markovics Porträts bringen die Gesichter der Medien wieder in der Malerei - als Prototypen. Idole der |
Populärkultur des 20. Jahrhunderts werden zu künstlerischen "Originalen" der Idolatrie. Der Verwendung von Schminke als Malmaterial nimmt Bezug auf das Bild der Frau, so wie es die männlichen Modell verkörpert sahen und wie Frauen es von sich selbst produzieren. Seit der Französischen Revolution, so recherchierte Milovan Markovic, schminken sich die Männer nicht mehr - es sei denn mit der tarnenden Uniformierung des Militärs. Markovic reproduziert und synthetisiert auch hier angeblich widersprüchliche Repräsentationsformen. Seltsamerweise wurde Markovic während der Ausstellung von privaten Personen angesprochen, die sich ein "transfiguratives" Bild ihrer selbst wünschten. Wenn man diese Nachfrage nicht als grobes Missverständnis des künstlerischen Konzepts bewerten will, dann bewahrheitet sie wohl nur eins, daß nämlich jeder eine Berühmtheit ist. Manche brauchen dazu noch einen Künstler. First published in NBK Zeitschrift für Kunst und Kritik, Berlin, February/March 1997.
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